Reisen bildet… vor allem dann, wenn der „Ausflug“ in ein weit entferntes Sternsystem führt und 122 Jahre dauert. Unser Philosoph hat mal einen zweiwöchigen Segeltörn mit fremden Menschen gemacht und ahnt die emotionalen Fallstricke.
Eine Reisedauer von 122 Jahren? Welch absurde Einleitung? So lange lebt kein Mensch. Doch, zumindest in jener fernen Zukunft, die Dr. Alexander Konstantinow in seinem Science-Fiction-Abenteuer „Alpha Centauri – Das Geheimnis der zweiten Erde“ beschreibt.
Dank neuer Technologien lässt sich rechtzeitig zum Start der Mission im Jahr 2169 die Lebenserwartung für auserwählte Personen auf über 160 Jahre steigern. Zeit genug, um im hintersten Winkel des Universums nach einer Ersatzerde zu suchen.
Hinter dem Horizont geht es weiter
Als Science-Fiction-Fan hat der Schwarze Peter die meisten Klassiker gelesen und fast alle bedeutenden Filme gesehen. Deshalb hat er sich von Alexander Konstantinows Buch lediglich eine weitere unterhaltsame Weltraum-Geschichte erwartet. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ausgerechnet ein deutscher Autor dem SF-Genre etwas Originelles hinzufügen kann.
Zur Überraschung unseres Philosophen ist Konstantinow genau das gelungen. Er hat ein Buch über eine aberwitzige Weltraum-Mission geschrieben, das weit über die verbreitete Magerkost hinausgeht. Man merkt, dass der promovierte Mediziner und Chemiker neben fundierten naturwissenschaftlichen Kenntnissen über eine überbordende Phantasie verfügt.
Übrigens: Wer tiefer in die komplexe Materie eintauchen möchte, findet am Schluss des Buches einen wissenschaftlichen Anhang. Darin erklärt Dr. Konstantinow u. a. den aktuellen Wissenstand zu den Themen Lebensverlängerung und Raumschiffantriebe. Zudem beschreibt er in extenso die im Roman beschriebenen chemischen und physikalischen Vorgänge.
Willkommen zurück Commander Eneas
Dr. Konstantinow gelingt es, die Hauptfigur Eneas und dessen Erlebnisse derart fein zu zeichnen, dass lebendige und einprägsame Bilder vor dem geistigen Auge unseres Philosophen entstehen. Deshalb leidet er mit dem Raumfahrer und freut sich mit ihm. Fast als würde er mit ihm durch das Weltall gleiten oder im Raumanzug über den Planeten Hope schreiten.
Mag die Story absurd erscheinen, sie hat einen Bezug zur heutigen Zeit und der Conditio humana. Arroganz, Geld- und Machtgier sorgen letztlich dafür, dass sich die Reise um viele Jahrzehnt ausdehnt. Leidtragende sind die Astronauten, die mit falschen Versprechungen auf die Reise geschickt wurden. Die Verantwortlichen haben nämlich „vergessen“, die Besatzung des Sternenschiffs Jupiter über die wahre Dauer der Mission zu informieren.
Insofern ist Konstantinows Buch auch eine Abrechnung mit der Neigung zur Niedertracht. Damit steht er mit einem Bein im Feld der Philosophie. Es handelt sich bei Alpha Centauri um mehr als einen kurzweiligen, perfekt komponierten Roman. Es ist zugleich ein philosophisch gewürztes Sachbuch. Diese spezielle Mixtur hat den Schwarzen Peter, unseren ewigen Zweifler, überzeugt und in den Bann gezogen.
Wir entschuldigen die Verspätung
Ein paar Sätze zur Handlung des Buches:
Im Mittelpunkt steht Commander Leon Eneas, der – so viel sei vorweggenommen – als einziger der achtköpfigen Crew im Jahr 2291 lebend zur Erde zurückkehren wird. Dort hat man das vor über einem Jahrhundert gestartete Raumschiff mitsamt der Besatzung längst abgeschrieben.
Geschwächt vom biblischen Alter, der Zeit im Weltraum und den Folgen der harten Landung auf der Erde wird Eneas aufgepäppelt und von einem neugierigen Experten-Ausschuss befragt. Schließlich hatten die Forscher und Politiker auf der Erde von der Alpha Centauri-Mission gehört, aber nicht im Traum daran gedacht, je einem der Raumfahrer zu begegnen.
Eneas‘ Schilderungen weichen auf erschütternde Weise von der offiziellen Dokumentation der ehemaligen Projektleitung ab. Profitgier privater Unternehmen und Machtstreben politischer Akteure haben dazu geführt, dass das Raumschiff absichtlich zu wenig Treibstoff an Bord hatte und nicht die benötigte Geschwindigkeit erreichte… wodurch sich die Reise signifikant verlängerte.
Eneas berichtet dem fassungslosen Expertengremium seine aufsehenerregende Version des einsamen Fluges voller Gefahren und Überraschungen. Er erzählt von höheren Lebewesen in den Ozeanen des Planeten Hope, von dramatischen Begegnungen mit Robotern einer fremden Zivilisation und dem Verlust liebgewordener Crew-Mitglieder.
Der Sinn des Strebens
Die Beschreibung einer futuristischen Welt und den darin vorkommenden Abenteuern bildet den metaphorischen Rahmen für ein zeitloses Bild der Spezies Mensch außerhalb der dystopisch-transhumanistischen Welt, wie sie von Yuval N. Harari („Homo Deus“) mit gottgleich-allmächtigen KI-Algorithmen und dem statisch festplattenartigen Menschenbild beschrieben wird.
Im Epilog von Alpha Centauri bekennt Donati, ein ehemaliger Raumfahrer und Freund von Eneas:
„In meinem Innersten wollte ich den Kosmos gar nicht mehr erobern! Im Grunde wünschte ich mir immer nur die Erde. Wo ich auch war, stets hatte ich unbewusst nach der Erde gesucht.“
Seither, so Donati, konnte er all die fremden Planeten und Monde nicht mehr ertragen. Aber: Zu viel Häuslichkeit ist nicht jedermanns Sache, denn die Tiefe des Weltraums wird die Menschen immer reizen.
So wie den Schwarzen Peter für den Rest seines Lebens ferne Ländern locken werden… obwohl er nach einigen Wochen im Ausland stets feststellt, dass das wahre Glück in seinem gewohnten sozialen Umfeld, seiner behaglichen Wohnung und seiner bestens ausgestatteten DVD-Sammlung wartet.
Buchinformation
Alpha Centauri. Das Geheimnis der zweiten Erde
Deutsch, 237 Seiten
ISBN: 978-3000773549
Preis: 39,50 (gebundene Ausgabe)
Hinweis: Die Taschenbuchausgabe folgt in Kürze
Über den Autor
PD Dr. med, Dr. med. habil, Dipl. Chem. Alexander Konstantinow, geboren in Sofia/Bulgarien, aufgewachsen in München, Studium der Chemie und Medizin an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, Facharzt für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie. Dr. Konstantinow ist Autor zahlreicher Fachpublikationen.
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