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Michel de Montaigne - 10 Zitate

Aktualisiert: 9. Aug. 2022

Kann man sich als Bücherwurm und Philosoph einen Leistenbruch zuziehen? Dem auf körperliche Schonung bedachten Schwarzen Peter ist genau das gelungen.


Eine ungeschickte Drehung beim Herausziehen von Kants tausend Seiten starker Kritik der reinen Vernunft aus dem obersten Fach des Bücherregals hat gereicht. Als Folge dieser physischen Überlastung musste er sich einer Operation unterziehen. Unser Philosoph wäre nicht der Schwarze Peter, ließe er die Umwelt nicht auf penetrante Weise an seinem Leiden teilhaben.


Gleichzeitig schwärmt er bei jeder Gelegenheit vom erholsamen, weil traumlosen, Schlaf unter Vollnarkose. Wie ein frisch geschlüpfter Vogel habe er sich nach dem Aufwachen gefühlt. Bei Gelegenheit müssen wir ihn auf Thomas Nagels Aufsatz What Is It Like To Be A Bat? hinweisen. Als Philosoph sollte er wissen, dass er nicht wissen kann, wie man sich als Vogel fühlt. Wir wollen ihm diese Ungenauigkeit wegen seines maladen Zustandes durchgehen lassen.


Allerdings wird sein nächster Beitrag wegen des Krankenstandes verspätet erscheinen – das ist ärgerlich. Also muss der Chef ran und spontan einen Beitrag als philosophisches Intermezzo aus dem Ärmel schütteln. Gut, dass sich in bestimmten Situationen bestimmte Themen förmlich aufdrängen. In zweierlei Hinsicht erinnert der Schwarze Peter mit seiner kapriziösen Art nämlich an den Philosophen Michel de Montaigne (1533-1592). Sie teilen die Vorliebe, sich mit einem Stapel Bücher in ein stilles Kämmerlein zurückzuziehen sowie das Kokettieren mit allerlei realen oder eingebildeten körperlichen Unpässlichkeiten.


Erstaunlicherweise durchzieht Michel de Montaignes Werk eine eigenwillige Vergnügtheit und Gelassenheit.


„Die Heiterkeit und Weisheit, die aus den Essais spricht, entspringt dem Vertrauen, dass wir ohne die Unvollkommenheiten, unter denen wir leiden, eben keine Menschen sein würden.“ (Arthur Franz)

Was de Montaigne außerdem von unserem Philosophen unterscheidet: Während der Franzose laut Überlieferung ein äußerst bescheidener Mensch war, braucht der Schwarze Peter bisweilen einen Dämpfer, um nach einem gelungenen Blogbeitrag nicht die Bodenhaftung zu verlieren.


Ehren wir also den Begründer der Essayistik mit zehn Zitaten, die mehr als 500 Jahre später nicht an Aktualität eingebüßt haben.



1. Über Wahr und Falsch


„Wenn wir alles, was wir nicht begreifen, für bedeutungslos erklären, so liegt darin eine gefährliche und folgenschwere Dreistigkeit.“



2. Philosophieren heißt sterben lernen


„Wenn ihr das Leben genutzt habt, könnt ihr gesättigt und befriedigt scheiden. Und wenn ihr nichts damit habt anfangen können, wenn ihr es nutzlos vertan habt, da kann es euch doch erst recht gleichgültig sein, wenn es weg ist.“



3. Über die Mäßigung (oder das Fehlen derselben)


„Es ist, als wenn alles, was Menschen berühren, infiziert würde: Dinge, die an sich gut und schön sind, verderben, wenn sie in die Hände von uns Menschen geraten.“


4. Über die Einsamkeit


„Treibt uns der Ehrgeiz zur Einsamkeit? Die Antwort muss lauten: Ja! Denn was ist ihm mehr zuwider als Gemeinsamkeit? Was ist ihm wichtiger als Bewegungsfreiheit?“


5. Über die Ungleichheit unter uns Menschen


„Zwischen einem Idealmenschen und einem gewöhnlichen Menschen ist der Unterschied größer als der zwischen manchen Menschen und manchem Tier.“


6. Alte Sitten


„[F]ast alle Menschen, nicht nur im niederen Volke, haben den Fehler, dass sie ihr Augenmerk nur auf Anschauungen richten, in die sie hineingeboren sind, und sich mit diesen zufriedengeben.“


7. Über das Alter


„Wir sollten uns bewusst machen, dass das Alter, bis zu dem wir es gerade gebracht haben, immer nur von verhältnismäßig wenig Menschen erreicht wird.“


8. Die Unbeständigkeit des Handelns


„Sehen wir denn nicht, dass jeder Mensch immer sucht, ohne zu wissen was, und dass er sich immer danach sehnt, anderswo zu sein, als ob er dort seine Last loswerden könnte.“



9. Eitelkeit


„Ich habe noch eine schlimmere Angewohnheit: wenn mir ein Schuh schief sitzt, so lasse ich auch mein Hemd und meinen Mantel in Unordnung; ich habe keine Lust, mich halb zu bessern.“


10. Vom Dünkel


„Es gibt noch eine andere Art Ruhmsucht. Sie besteht darin, dass wir unseren Wert und unsere Verdienste überschätzen. Wir lieben uns selbst mit einer unbedachten Hingebung; diese zeigt uns ein anderes Bild von uns, als wir wirklich sind.“






Literatur

Montaigne, Michel de: Die Essais, Anaconda Verlag, Köln 2005.

Nagel, Thomas: What Is It Like To Be A Bat?, in: Philosophical Review, October 1974 (http://philosophyintroduction.weebly.com/uploads/4/4/6/2/44624607/nagel_whats_it_like_to_be_a_bat.pdf).

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