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Philosophie, Religion, Theologie – eine Familie?

  • Autorenbild: fowlersbay
    fowlersbay
  • 9. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Was auch immer... alle drei sind aufeinander verwiesen und werden vom jeweils anderen auf mannigfaltige Weise herausgefordert. Da es die Philosophie mehr mit der Logik als mit dem Glauben hat, stellt sich die Frage nach dem gemeinsamen „Gegenstand“.

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"Zu den großen systematischen Themenfeldern der Philosophie gehört seit der Antike die Frage nach Gott.“ (Josef Schmidt). Im Hinblick auf die vernünftige Vergewisserung der Existenz Gottes hat die Philosophie über die Jahrhunderte Standards des Argumentierens entwickelt.


Thomas von Aquins (ca. 1225-1274) „Gottesbeweise“ sind beeindruckende Beispiele für das gedankliche Ringen mit der Letztfrage. Er ist der Ansicht, dass der Begriff Gott einen Inhalt hat, über den man rational nachdenken und zu Ergebnissen kommen kann. Es geht Thomas um ein korrektes Reden über Gott…ein Gott, der mehr ist als ein Götze.

 

Diesen philosophischen Maßstäben kann sich die Religion nicht entziehen, wenn sie den Logos (lógos: Sinn, Vernunft) in ihrem Begriff ernst nimmt (Schmidt). Deshalb sieht sich die Religion (und die Theologie) durch die vernunftgeleitete Denkweise der Philosophie herausgefordert.


Wir haben nun die Aufgabe, das begriffliche Wirrwarr zu ordnen. Deshalb folgt an dieser Stelle eine Klärung der wesentlichen Begriffe:

 

  

Philosophie (philos: griech. Freund und sophia Weisheit)


Von der angewandten Ethik abgesehen, richtet sich der Blick der Philosophie über das Gegebene hinaus „auf das Ganze unserer Wirklichkeit“ (Schmidt). Sie möchte frei von Glaubensgrundsätzen erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält und fragt nach der Wahrheit des Inhaltes von „Gott“. Einfacher ausgedrückt: Was ist gemeint ist, wenn wir von Gott sprechen? Dabei setzt sich die Philosophie kritisch mit gängigen Gottesvorstellungen auseinander.

 

Im Gegensatz zur Religion ist die Philosophie (aber auch die Theologie) der begründeten Einsicht verpflichtet. Ihr Maßstab und ihre „Autorität“ ist die nur sich selbst verantwortliche Vernunft. Sie kann aus den Erkenntnissen der Altvorderen schöpfen, jedoch nicht aus einem traditionellen und vorgegebenen Glauben.

 

„Damit ist das Feld eines kritischen, aber auch fruchtbaren Dialoges zwischen Philosophie und Religion eröffnet.“ (Josef Schmidt)

 

 

Religion (religio: lat. Gottesverehrung/Gottesfurcht)


Religion hat ausschließlich mit einem Bereich zu tun, der über unsere sinnlich erfahrbare Welt hinausgeht. Es geht bei der (christlichen) Religion nicht um das kritische Hinterfragen der Offenbarung, sondern um den Glauben und Vollzug der Riten. Sie fußt auf Überlieferung und Autorität. Die Religion glaubt an eine fördernde und fordernde göttliche Macht, die es verdient, verehrt zu werden.

 

„In ihrer konkreten, das Leben prägenden Gestalt stützt sich Religion auf Überlieferungen mit autoritativem Charakter.“ (Josef Schmidt)

 

Jede Religion hat ihren Grund in einem Gefühl für das Unendliche. Ihre Sprache ist die des urgeschichtlichen Mythos.

 

 

 

Theologie (theós: griech. Gott und lógos: Lehre, Rede)


Laut Josef Schmidt hat sich die Philosophie stets aus einem Bezug zur Religion verstanden, die wiederum eine reflektierte, vernunftgesteuerte Gestalt in Form der Theologie gefunden hat. Anders ausgedrückt: Bei der Theologie handelt es sich um die wissenschaftliche Seite der Religion.

 

Der Begriff Theologie stammt aus der Philosophie und findet sich erstmals in Platons Politeia (379a)

 

Wie finden diese Drei Disziplinen zueinander? In Form der philosophischen Theologie oder der Religionsphilosophie, mit der wir uns im Folgenden beschäftigen werden.

 

 

Religionsphilosophie


Religionsphilosophie ist laut Bernhard Welte philosophisches Denken, das die Religion zu ihrer Sache macht. Sie geht der Frage nach, was Religion eigentlich ist. Zwar sind Philosophie und Religion wesensverwandt und aufeinander bezogen, aber die Religion ist nicht aus dem philosophischen Denken entsprungen.

 

Die Religion ist [..] keine Philosophie, sie ist eher das andere der Philosophie.“ (Bernhard Welte)

 

Egal wie intensiv die Religion gelebt wird, ist sie nicht zwingend von philosophischem Denken begleitet. Die Religion profitiert von der Philosophie (mehr dazu im 2. Teil, kann aber ohne sie leben.

 

Wie steht die Philosophie zur Religion? Zunächst begegnet die Religion der Philosophie als etwas eigenständig Anderes…als ihr Gegenüber und Zuvor (Welte). Mag der Mensch die Religion auch als Gottesgeschenk sehen, vollzieht sie sich doch in der Sphäre des menschlichen Selbst- und Seinsverständnisses.

 

„Solch fragendes Denken über das Sein der Sache der Religion ist aber philosophisches Denken.“ (Welte)

 

Die Zeiten, in denen Menschen religiöse Dogmen unhinterfragt akzeptierten, sind in den meisten Teilen der Welt vorbei. Auch Religion muss Rechenschaft ablegen. In modernen Gesellschaften hat sie ihren selbstverständlichen Machtanspruch und gesellschaftlichen Einfluss verloren.

 

 

Philosophie – eine Gefahr für die Religion?

 

Kann die Philosophie der Religion gefährlich werden, wenn sich das aufgeklärte und vernünftige Denken durchsetzt?

 

Dieser Frage widmen wir uns im 2. Teil dieses Beitrags.

 


 

Literatur

Schmidt, Josef: Philosophische Theologie, Grundkurs Philosophie, Band 5, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2003.

Welte, Bernhard: Religionsphilosophie, 5. Auflage, Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main 1997.

 
 
 

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